23.08.2023

Exkursion – Hamburg

Ansätze und Projekte für mehr Zirkularität in der Stadt

Exkursion – Circular Economy in Hamburg

bergisch.circular geht auf Exkursionreise und besucht verschiedene Best-Practices zu den Projektschwerpunkten Zirkuläres Bauen, Öffentliche Beschaffung und Abfallvermeidung in NRW und deutschlandweit. Ziel ist es, Einblicke in die Praxis einer bereits gelebten Circular Economy zu erhalten und Inspiration, Wissen und Ansätze für die Entwicklung von Praxislösungen in den bergischen Stadtverwaltungen zu erlangen.

Die vierte Exkursion führte bergisch.circular Ende Juli (24. – 26. Juli 2023), zusammen mit der Beobachterkommune Kreis Wesel, nach Hamburg. Dort finden sich bereits einige Best-Practices bzw. erste Ansätze für eine Circular Economy in den projektrelevanten Themenfeldern, was die Stadt zum spannenden Exkursionsziel machte. Sowohl auf der Verwaltungsebene, als auch in der Stadtgesellschaft ist die Circular Economy bereits präsent und spürbar. Während der Exkursion konnte das Team von bergisch.circular in einen verwaltungsinternen Austausch treten, indem mit dem Bezirksamt Eimsbüttel deren Bemühungen zur Umsetzung der Mehrwegsangebotspflicht diskutiert wurden. Bei einer Führung durch die HafenCity mit dem Schwerpunkt zirkuläres Bauen und Gebäudezertifizierungen wurden Erkenntnisse aus der gebauten Umwelt deutlich. Zuletzt ermöglichte ein Austausch mit dem FabCity Hamburg e.V. Einblicke auf Basis zivilgesellschaftlichen und unternehmerischen Engagements.

Mehwergangebotspflicht als ein Weg zu weniger Abfall

Mehrwegsysteme im Gastronomiebereich ermöglichen die Vermeidung von großen Abfallmengen, indem Behältnisse mehrfach verwendet werden können und weniger Einwegverpackungen fluktuieren. Der erste Stopp der Exkursion führte das Team rund um bergisch.circular daher in das Bezirksamt Eimsbüttel, um mehr über dessen Anstrengungen zur Umsetzung der Mehrwegangebotspflicht (gültig seit dem 01.01.2023) zu erfahren. Diese verpflichtet „Letztvertreiber von Einwegkunststofflebenesmittelverpackungen und von Einweggetränkebechern […] Lebensmittel und Getränke unter anderem im To-Go-Bereich auch in einer Mehrwegverpackung anzubieten“ (UBA 2023). Zur Förderung der Bestrebung hat die Stadt Hamburg unter Federführung der BUKEA (Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft) und mit Unterstützung der Initiative Plastikfreie Stadt KuBus e.V. eine öffentlichkeitswirksame Kampagne von Oktober 2021 bis März 2023 durchgeführt. Dabei fungierten der Bezirk Eimsbüttel und der Bezirk Wandsbek als Pilotbezirke. Grundsätzlich sollte durch die Kampagne zur Mehrwegangebotspflicht informiert, eine Auseinandersetzung mit der Thematik angeregt und letztendlich eine Mehrwegnutzung in ganz Hamburg etabliert werden. Hierfür wurden zuerst die Letztvertreibenden (Gastronom*innen) angesprochen, bevor die Konsument*innen in den Blick genommen wurden. Da eine Bereitschaft zur Mehrwegnutzung im Stadtkörper, je nach den individuellen Gegebenheiten, soziodemografischen Aspekten, Bedürfnissen und Interessen variiert, wurde sich auf sogenannte „Mehrweg-Hot-Spots“ konzentriert. Deren Modell soll sich ausweiten und ganz Hamburg zu einer Mehrwegstadt entwickeln. Neben der direkten Ansprache von Gastronom*innen sowie vielfältigen Informationsformaten wurde zur Mehrwegangebotspflicht sensibilisiert und motiviert.

Bis März 2023 konnten das angestrebte Ziel der Mehrwegstadt noch nicht erreicht werden. Herausfordernd in den Pilotbezirken war vor allem das noch bestehende große Informationsdefizit bei den Letztvertreibenden, als auch die dortige zu diesem Zeitpunkt andauernde Corona-Pandemie sowie deren Nachwehen – existenzbetreffende Themen standen daher zumeist mehr im Fokus. Mit den gewonnenen Erkenntnissen ist für die Mitarbeitenden der Bezirksvertretung klar, dass eine erfolgreiche Implementierung zudem striktere Kontrollen bedarf, die eine Umsetzung durch die Letztvertreibenden prüfen.

Auf der Website „Einfach mehr – Essen in Mehrweg für Hamburg“ wird weiterhin über das Mehrwegangebot informiert und die in Hamburg aktiven Mehrwegsystemanbietenden in einer interaktiven Karte dargestellt. Eine Initiative, die zum Nachmachen motiviert.

 

Zirkuläres Bauen in der HafenCity 

Einen Stadtteil auf der „grünen Wiese“ zu entwerfen ist heute an fast keinem Ort in Deutschland mehr möglich. In Hamburg entschied man sich daher um die Jahrhundertwende die Entwicklung der sogenannten HafenCity voranzutreiben und auf einem ehemals gewerblichen und industriell genutzten Gelände im Hamburger Hafen zu planen. Hierbei handelt es sich um das größte innerstädtische Stadtentwicklungsprojekt in Europa. In zentraler Lage, in direkter Nähe zur Hamburger Innenstadt, angrenzend an die historische Speicherstadt, hat sich unter Federführung der HafenCity Hamburg GmbH, eine eigens für das Projekt von der Stadt Hamburg gegründete Gesellschaft, ein neuer Stadtteil im Hamburger Hafen über die letzten 20 Jahre entwickelt. In zehn Quartieren findet sich heute eine Mischung aus Wohnen, Arbeiten, als auch Freizeit-, Kultur-, Einzelhandel- und Tourismusangeboten wieder. Ein Großteil der Umsetzung der HafenCity ist bereits abgeschlossen, vereinzelte Areale befinden sich allerdings noch im Bau.

Aus kommunaler Sicht besonders interessant – die Gründung der HafenCity Hamburg GmbH. Sie ist eine hundertprozentige Tochter der Stadt Hamburg und bündelt als städtische Entwicklungsmanagerin, Grundstückseigentümerin und Bauherrin alle Aktivitäten rund um die Entwicklung des Stadtteils. Um in einem derartigen Großprojekt handlungsfähig zu sein und flexibel agieren zu können, ohne für jede Entscheidung verschiedene zuständige Behörden der Stadt einzubinden, kommen die wichtigsten Kompetenzen für die Planung und die Umsetzung in der GmbH zusammen. Während der Tour wurde immer wieder deutlich, dass dieser Schritt eine der wichtigsten Entscheidungen war, um die Komplexität des Gesamtprojekts im vorgesehenen Zeitplan stemmen zu können. Vielleicht ein Weg, der auch in anderen Städten ausprobiert werden kann.

   

Auch wenn die Entwicklung der HafenCity zu Beginn des Jahrhunderts begann – einer Zeit, wo zirkuläre Wirtschaft noch nicht im Fokus stand wie heute – können dennoch Aspekte eines nachhaltigen zirkulären Bauens in der HafenCity entdeckt werden. So wurde zum Beispiel bereits 2007 mit dem Umweltzeichen HafenCity eine Zertifizierung für nachhaltiges Bauen eingeführt, die seit 2010 für die Grundstücksvergabe verpflichtend ist und dessen höchste Auszeichnungsstufe Platin für alle Gebäudeneubauten in der HafenCity seit 2017 zwingend ist (HafenCity Hamburg GmbH). Seit Juni diesen Jahres besteht mit der DGNB Sonderauszeichnung Umweltzeichen ein weiteres Gebäudezertifikat, das gemeinsam von der DGNB und der HafenCity Hamburg GmbH entwickelt wurde und den aktuellen Standard bezüglich der Nachhaltigkeitsanforderungen für Neuentwicklungen u. a. in der HafenCity bildet. Hiermit werden zum Beispiel Aspekte wie die Ressourcenschonung und eine zirkuläre Ausrichtung beispielsweise bei Baumaterialien und -produkten fokussiert (ebd.). Konkrete Beispiele für Ansätze eines zirkulären Bauens in der HafenCity sind Moringa, ein nach dem Cradle-to-Cardle-Prinzip entwickeltes Wohnhochhaus, oder ROOTS, das höchste Holzhochhaus Deutschlands.

Weitere allgemeine Informationen zur HafenCity lassen sich hier finden.

 

Stadtgesellschaft mitdenken – Die Fab City Initiative

©Fab City Hamburg e.V. Foto: Jennifer Wilke

Lokal produzieren, so viel recyceln wie möglich, global vernetzt sein: Das ist die Idee der Fab City. Hamburg hat 2019 als erste deutsche Stadt beschlossen, eine Fab City zu werden – gemeinsam mit 41 anderen Städte weltweit. Über 20 Hamburger Initiativen, Unternehmen und Institutionen arbeiten inzwischen daran, die Vision umzusetzen. Das Konzept der Fab Cities als solches ist eine globale Initiative, die auf sogenannten „Fab Labs“ (offenen Werkstätten, die Privatpersonen und Gewerbetreibenden den Zugang zu modernen Fertigungsverfahren für Einzelstücke ermöglichen) aufbaut und ein großes Netzwerk vereint. Das Gesamtkonzept soll dabei mehr Produktion innerhalb der Stadt entstehen lassen, die Schließung von lokalen Materialkreisläufen und die Erkenntnis von lokalen Bedürfnissen durch lokal geschaffene Anreize fördern (Fab City Hamburg e.V.). Gemeinsam mit Mitarbeitenden des Bezirksamts Eimsbüttel sowie weiteren Akteuren wie Quartiersmanager*innen und in Hamburg angesiedelten Start-ups, erhielten wir im Fab City Haus, dem zentralen Forschungsort der Initiative, zunächst einen Einblick in die Arbeit des Fab City e.V. Hamburg und tauschten uns über die Schwerpunkte unserer Projekte aus. Danach ging es weiter in Richtung Fab Lab Fabulous St. Pauli – Hamburgs erstes Fab Lab. Hier zeigte sich, was ein Fab Lab eigentlich ist: ein Ort, an dem jede*r Computer-gesteuerte Maschinen, wie verschiedene 3D-Drucker sowie Software zum Erstellen von 3D-Modellen oder Lasercutter, Fräsen etc. nutzen kann, um in eigener Herstellung Dinge / Prototypen / etc. selbst herzustellen. Zusätzlich werden z.B. Workshops angeboten, um Interessierten die Technik näher zu bringen, das Thema Kreislaufwirtschaft zu platzieren und für Materialverbrauch zu sensibilisieren.